Tibiakopf-Impressionsfraktur nach Fall vom Pferd

Geschichten und Meinungen rund um Beinbrüche und Knieprobleme

Moderator: Andi Jacomet

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Marita Binder

Tibiakopf-Impressionsfraktur nach Fall vom Pferd

Beitrag von Marita Binder »

Marita schreibt am 12. Mai 2005:

ch hoffe Du nimmst es mir nicht übel, aber ich habe zeitweilig in die Hosen gemacht vor Lachen, mit der Einstellung kann es eigentlich nur besser werden :D

Ich bin Marita, bin 48 und wohne in Holland. Am 15. Dezember 2003 habe ich mir beim Fall vom Pferd mein Tibiaplateau ins Schienbein gehauen. Wenn ich nicht zo 'klug' hätte wollen sein, hätte ich mich wie schon eher einfach fallen lassen und wäre mit einem dicken blauen Fleck am Batzen davon gekommen und die Sache wäre schon längst vegessen gewesen. Aber nein... ich muss mich so nötig vom Pferd wegdrukken wobei ich dann auch promt bei der Landung mein ganzes Gewicht auf das Knie gekriegt habe, ich habe kurz gepiept und ich glaube auch kräftig 'Shit' gerufen - hatte aber weiter keine Schmerzen.

Kurz danach bin ich aufgestanden und wollte zum Pferd laufen, aber beim ersten Schritt schlug mir das rechte Bein nach innen, nochmals probiert, und wieder keinen Schritt weitergekommen. Mit Hilfe meiner Reitlehrerin bin ich ca. 40m bis zum nächsten Stuhl gehopst, und wir haben dann doch beschlossen zum Krankenhaus zu fahren. Ich war im festen Glauben, dass ich mir eine Bänderdehnung oder höchstens einen Riss eingehandelt hatte. Eine Reitgefährtin hat mich zum Krankenhaus gebracht, es ging gleich zum Röntgen.

Nachdem ich wieder im Sprechzimmer des Artztes war, kam der Laborant mit den Fotos und sagte, er müsse neue Fotos machen. OK, kein Problem. Wieder zuruck im Sprechzimmer sah ich Laborant und Arzt zusammen tuscheln und nach 'reiflicher Beratung' (die Fotos wurden immer wieder angeschaut) wurde mir gesagt, das mein Schienbein gebrochen sei und mein Bein bis zum Oberschenkel eingegipst werden müsse. Shit, das hatte ich nicht erwartet. Nach der Gipserei bekam ich sofort eine neue Absprache mit für den nächsten Morgen um 8:30, auf die Frage was denn noch anliege, wurde mir (im Nachhinein) ausweichend geantwortet. Das einzige, was er gesagt, war, dass er es nicht verstehen kann warum ich nicht das halbe Krankenhaus zusammen geschrien habe, worauf ich ihm gefragt habe: Wozu? Es tut doch nicht weh, und es tat mir zu dem Zeitpunkt auch nicht weh (Pferde machen gegen Schmerzen einen Stoff, der Endorfine heisst, wer weiss, vielleicht was das bei mir auch der Fall). Eingegipst habe ich mich wieder ins Auto gewurstelt und mich nach Hause bringen lassen.

Mein Mann hatte Spätschicht und war natürlich völlig von den Socken, als er mich mit Gips bis zum Hintern im Sessel antraf. Gut, am nächsten Morgen wieder zurück zum Krankenhaus, diesmal zum Oberarzt, der schon bewaffnet war mit meinem Dossier. Er hat mir mitgeteilt, dass ich mich melden müsse zur Aufnahme ins Krankenhaus in Enschede wo man mich am selben Tag noch durch die Röhre schieben wolle. Auf meine Frage, was denn los sei, bekam ich wieder eine ausweichende Antwort. In Enschede angekommen, zur Aufnahme, danach auf die Station und direkt ab in die Röhre, dieser Laborant guckte auch schon so bedenklich und ich musste zum 2. Mal in die Röhre.

Zurück auf der Station kam kurze Zeit später der Arzt und setzte sich erst Mal hin, dann hat er mir gesagt, dass ich mir alles hätte brechen dürfen, nur nicht "Das", und "Das" war mein Tibiaplateau. So wie er mir erklärt hat war von diesem Gelenk nicht mehr viel übrig, und das was noch übrig sei, sässe ungefähr in der Mitte meines Schienbeins, das durch den Fall in der Länge gebrochen oder besser gespalten sei. Ich war nach dieser Erklärung ziemlich still, muss ich sagen - und habe dann wohl irgendwann gefragt: Wie gehts weiter? Worauf der Artzt geantwortet hat: Professor Vierhout wird Sie operieren. Diese Bemerkung hat mir ein sehr zwiespätiges Gefühl vermittelt. Zum ersten wurde mir langsam der Ernst der Situation deutlich, sicher nachdem er mir gesagt hat, dass die Chance das mein Bein jemals wieder 100% würde, sehr klein sei. Zum Zweiten war da die Erleichterung, den Namen von Prof. Vierhout zu hören, seine Spezialität sind Knie, er hatte damals die Fussballer von FC Twente (Bundesliga in Holland) unter Behandlung.

Zuerst einmal wurde ich wieder nach Hause geschickt, da man keinen Platz für mich hatte (der wütende Artzt hat da noch den nötigen Zirkus gemacht, damit die Operation so schnell wie möglich ausgeführt würde, aber die Burokratie hat auch hier das Sagen). Am 23 Dezember musste mich mich dann melden zur Aufnahme, und am 24. (Frohe Weihnachten) bin ich dann operiert worden, wie bei Dir hat man auch bei mir Knochesplitter aus dem Beckenrand geholt und das Plateau damit aufgefüllt. Das ganze ist dann noch mit einer Platte und den nötigen Schrauben fixiert worden.

Die Tage danach waren schlimm, ich weiss noch dass ich mich selber gebissen habe vor Schmerzen, bis dann einer der Ärtzte anfing zu meckern warum man mir kein Morphium gegeben hätte, es wäre ja eine Sauerei und dabei völlig unnötig, so Schmerzen zu leiden. Nach der ersten Spritze war ich so high wie ein Junkie, herrlich... ich konnte endlich die Augen zumachen und schlafen. Auch bei mir sind sie direkt mit der Schiene gekommen und haben das Ding auch sofort angestellt, seither kennt mein Wortschatz einige interessante Additionen. Man hat mir noch ein paar Tage Morphine gespritzt und hat damit aufgehört, als die Schmerzen normale Formen angenommen haben.

Am 31. Dezember durfte ich nach Hause, 6 Wochen nicht belasten, dass hiess Krücken und Rollstuhl, da ich nicht nach oben ins Schlafzimmer konnte, hat mein Mann unser Gästebett nach unten geschleppt - und das war dann für die nächsten 6 Wochen mein Domizil. Mein Bücherschrank ist ziemlich erweitert, und ich kenne jedes Zeichentrick-Programm im Fensehen. Irgenwann im April habe ich langsam das Reiten wieder angefangen, habe aber im Gegesatz zu Dir und Deinem Skifahren festegestellt, dass ich doch Angst bekommen habe. Im August 2004 bin ich erneut unters Messer gekommen, da sich ein ziemlicher Haufen Bindegewebe angesammelt hat und ausserdem sich einige Splitter im Knie rumtrieben.

Ich muss sagen, dass mir die Operation viel gebracht hat, ich konnte ziemlich schnell wieder (und auch besser) laufen, Biegen und Strecken ging auch gleich besser. Langsam aber sicher ging es immer besser, und auch mit dem Reiten hat es sich wieder eingependelt. Das einzige das mir noch zu schaffen machte war ein Wetterumschlag und eine der Schrauben, die immer dichter unter die Haut kam. Anfang Juni dieses Jahres hat man mir das Metall aus dem Knie geholt, und ich durfte es auch mitnehmen, sah ganz riesig aus. Während der ganzen Zeit habe ich Physiotherapie gehabt und habe auch wieder angefangen, morgens zu schwimmen - das ist echt gut für mein Knie, ich merke, das ich mehr Bewegungsfreiheit habe.

Im Allgemeinen bin ich schmerzfrei - nun ja; es ist gut auszuhalten. Mein Handicap ist Treppe runter, ich habe da noch zuviel Angst, habe mich einmal vertreten und bin dann 2 Stufen nach unten gesprungen wobei mein Knie keinen Millimeter nachgab, es fühlte sich an als wenn man aus grosser Höhe auf Beton springt, nicht zu empfehlen. Oh ja, bei Brand habe ich auch ein Problem, nämlich so schnell wie möglich weg zu kommen.

Mein Chirurg hat mich auf eine Liste mit Personen gesetzt, bei denen er eine Knorpeltransplantation ausführen will, es scheint eine Technik zu sein die in Deutschland schon seit einiger Zeit ausgeübt wird, aber die Holländischen Krankenkassen weigern sich bis jetzt, diese Operation zu finanzieren. So, das war dann meine Geschichte. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass so ein dämlicher kleiner Fall solche Auswirkungen haben kann.

Ich wünsche Dir und allen 'Leidensgenossen' alles Gute, und viel Erfolg.
Marita Binder
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