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Ein Freitag der 13. mit Folgen: Beinbruch, Operation, Rehabilitation und weitere Eingriffe Erfahrungsbericht für Voyeure und Mitbetroffene Teil 1 - Spital Chur, 13. April bis 2. Mai 2001 Dass mir ausgerechnet ein Bruch passiert, bei denen selbst abgebrühten Chefärzten Sätze wie "Oh, da hatten Sie aber wirklich Pech, sowas sieht man fast nie" entfahren, ist wohl mit Statistik zu erklären: Nach 26 Jahren auf den Skis - jeden Winter rund 20 Tage, also rund 520 Tagen - war mir trotz einiger schwerer Stürze nie wirklich mehr passiert als ein blauer Fleck oder eine Prellung. Dabei dürften Verletzungen wie meine eher häufiger vorkommen als früher. Der Grund sind die stärker taillierten Skis: Hätte ich an jenem Tag keine Carver an den Füssen gehabt, wäre ich wohl mit einem normalen Schienbeinbruch davongekommen. Stattdessen war da plötzlich die Rede von Dingen, die ich selbst mit einem Unfallmediziner als direktem Vorfahr nie gehört hatte: Spalt- und Impressionsbruch, Tibiaplateau, Eminenz... nun denn, vielleicht findet diese Seite ja jemand in einer Suchmaschine und kann sich in dieser Story einige nützliche Tips für die Behandlung und Genesung holen. Wer von seinem Fall erzählen will, kann im Forum mitmachen. Hier ist's passiert, am Karfreitag 2001 (wirklich, ein Dreizehnter) Val da Stiarls, Val Val, in der Mitte zwischen dem Oberalppass und Coulm Val. Die letzte Abfahrt an diesem Tag sollte es sein, es lag ein Gemisch aus frischem Pulverschnee und alten Sulzschneehaufen - und genau ein solcher wurde mir zum Verhängnis. Ich war nicht allzu schnell unterwegs, setzte aber gerade einen Schwung an, als der Sulzhaufen dem linken Ski eine andere Richtung zuwies. Der Racecarver machte das, wofür er an sich gebaut wurde - er hakte knallhart ein und fuhr die an sich als Rechtsschwung geplante Kurve nach Links weiter. Durch die Wucht des plötzlichen Richtungswechsels bei hohem Kantendruck geriet das Knie ein eine, naja, nicht sehr komfortable Lage und beschloss lieber auseinander zu knacksen als dem Druck länger standzuhalten - keine gute Idee, denn darum werde ich wohl ein Leben lang hinken und Jahre früher als andere Arthrosen haben. That's life. Nun denn, oben erwähnter Mediziner, an jenem Tag wie gewohnt Begleiter im Sedruner Skigebiet, war zum Glück schnell zur Stelle und bettete den Unterschenkel des unterdessen zum Patienten mutierten Skifahrers (der dazu auch noch spitze Schreie ausstiess, wenn jemand dem Knie zu nahe kam) mit dem Pistenpatrouilleur Gabi zusammen auf eine Vakuummatratze. Die erste Diagnose lautete Bänderriss - ha, das wär ja fast wie ein Hauptpreis gewesen! Was dann kam, darf kaum als vergüngliche Schlittenfahrt bezeichnet werden: Gabi tat natürlich sein Bestes, aber das Inferno auf dem Rettungsschlitten quer durch das ganze Skigebiet war nicht eben angenehm. Tip: Das Handy funktioniert auch auf dem Kanadier, ein Gespräch mit verständnisvollen Mitmenschen kann durchaus ablenkend sein. Die leicht belustigten Skiliftangestellten, die den jungen Mann von Kindesbeinen an in Sedrun Skifahren sahen und nun im Rettungsschlitten auslachten, lockerten die allgemeine Stimmung zusätzlich auf... zum Glück war ich durch die Tramal-Schmerztropfen schon leicht belämmert, sonst hätten die garantiert je 20 Skistockhiebe abbekommen. Weiter im privaten Auto ("Papa kann zahlen" hiess es vor ein paar Jahren noch, jetzt lautete das Motto "Papa kann fahren") Richtung Disentis: Ein erstes Röntgenbild, nur unter ziemlichen Höllenqualen fertiggebracht, ergab den Befund "gebrochen"... ... also gings flugs weiter ins Kantonsspital Chur, wo schon die Nacht einbrach - Notfallaufnahme, Röntgen, im Zimmer als erstes natürlich den Internetanschluss installieren und... die ersten ruhigen Minuten auskosten: Was soll das? Ein böser Traum?Sich selbst bewegen ist unmöglich, sonst Alltägliches wird zur generalstabsmässig geplanten Aktion. Das war wohl der grösste Schock: Noch nie im Spital, und dann das. Jemand, der sonst am liebsten so unabhängig wie möglich ist, möglichst viel selbst macht und zwar dann, wann er will, ist ans Bett gefesselt - das ist zunächst mal Schrott und bedarf der Angewöhnung. Immerhin: 16 Tage lang schöne Aussichten aus dem Neubau... ...des Kantonsspitals Chur, dazu 40 Radio- und 50 Fernsehprogramme auf einem eigenen Empfänger, dazu nette Menschen - das half doch schon mal gewaltig |
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Aber eben, da gabs ja noch was zu operieren - mein Knie war ein ziemliches Mus aus Bänderüberresten, abgebrochenen und tiefergelegten Knochen, dazu noch ein riesiger Bluterguss, daher wartete man bis zum 16. April mit dem Eingriff. Auf dem Computertomogramm (3D-Rekonstruktion des Schienbeinkopfes bzw. Tibiaplateaus) sieht man schön die Bruchstelle des grossen Knochenfragmentes. Dummerweise geht der Bruch mitten durch die Kniegelenkfläche. Dazu kam noch ein sogenannter Impressionsbruch, hier nur für Profis erkennbar: Ein Teil der Gelenkfläche wurde durch die Gewalt des Sturzes in den Knochen hineingepresst. Leider kommt das wegen der Beschaffenheit des Knochens nicht von selbst wieder hoch und musste angehoben sowie durch eine sogenannte Spongiosaplastik festgemacht werden (Knochenmaterial wurde aus dem Beckenkamm entnommen und im Knie unter das eingedrückte Stück wieder eingesetzt). Als Vergleich: Wenn man den Finger in ein Stück Styropor drückt, bleibt auch ein Loch zurück. Dazu waren auch die Kreuzbandansätze angerissen. Am Ostermontag kam ich also unters Messer; mit Prof. Adrian Leutenegger und seinem Team waren zum Glück ausgewiesene Fachleute am Werk (siehe Dankesgalerie weiter unten). Allerdings wurde mir bereits vor der Op beschieden: Erfolgsaussichten gibts bei so einem seltenen und ekligen Bruch keine - "wir werden aber versuchen, den ganzen Jacomet wiederherzustellen." Na schön. Vier Monate an Krücken, und das mit einer Wohnung im 4. Stock ohne Lift. Danke! ...dachte ich beim Einschlafen im Operationssaal leicht verzweifelt - und wachte vier Stunden später etwa so wieder auf: So geht das heutzutage: Kein Gips mehr, dafür vom Anfang an Bewegungsschiene (unter Schmerzen, die ich selbst Monate später noch als Gipfel der Tortur empfand, und das trotz einer geballten Ladung Morphium & Co.). Belastet werden darf die ganze Konstruktion allerdings nicht, zumindest sechs Wochen lang - Titan und Edelstahl zierten für die nächsten Monate das Schienbein; ans Tageslicht kamen die erstaunlich grossen Schrauben erst im November wieder. Die folgenden Bilder wurden während der Operation gemacht: Übrigens ist man aber natürlich nicht ganz alleine mit solchen Verletzungen (siehe hier oder hier im Kap. 1. Knochenbrüche) und es kann durchaus auch noch schlimmer kommen... die Skirennfahrerin Catherine Borghi erwischte es im März 2002. Langsam aber sicher ging der angenehme Teil der ganzen Sache los - wann kann man schon ungehemmt stundenlang fernsehen und im Web surfen? Dazu gabs Tulpen aus Malans und Rosen aus Amsterdam: Fleurop ist die Arbeit nicht ausgegangen. Die Unterstützung vieler netter Menschen war wohl das A und O bei der Heilung. Die bekannte Bündner Tarnhautmalerei, ein von den Eingeborenen bis heute oft gepflegter Osterbrauch:
BIG Thanks to (in order of appearance):
Und übrigens noch eine Warnung: Offenbar wollten die mich da bis am Schluss zum Spitzenkämpfer ausbilden - meine Nährlösung hiess "Ringer Lactate". Oder ging da etwa das medienwissenschaftliche "i" verloren? Daniel und Lucas haben die neusten Strahlwaffen entdeckt, die Ausserirdische vorgestern im Kantonsspital deponiert hatten. (Man kann die Dinger auch als die Erstklass-GAs unter den Krücken bezeichnen: Speziell ergonomisch geformt - die unzertrennlichen Begleiter bis im August.) Die Zeit im Kanti Chur verging schlussendlich wie im Fluge, und da kann ich alle anderen beruhigen, die mal in eine ähnliche Situation kommen: Alle meinens durchwegs gut mit einem, auch wenn man noch so wehrlos da liegt - der Chef kommt mit ein paar Flaschen Wein, kaum kann man wieder gehen, wird man in die beste Beiz eingeladen, Leute rufen an, von denen man lange nichts mehr gehört hat. Und vielleicht am wertvollsten: Man beginnt, bewusster zu leben. Sachen, die vorher alltäglich waren, werden zu unglaublichen Errungenschaften - zum ersten Mal das Bein wieder von der Schiene heben, zum ersten Mal wieder alleine Duschen, zum ersten Mal wieder alleine in die Cafeteria gehen... doch zuerst musste ich natürlich mal überhaupt lernen, nach anderthalb Wochen liegen wieder aufzustehen und an Krücken zu gehen, was für den Körper gar nicht so einfach ist - sturmer Grind, Übelkeit, schmerzende und blau verfärbte Beine sind in den ersten Tagen völlig normal, auch wenn man das Gefühl hat, das gehe ewig und man werde sicher nie mehr gehen können... dazu kamen etwa alle zwei Tage Anfälle von Schwäche und Frust wie bei ner schweren Grippe. Aufgewogen werden solche elenden Momente durch erste Fortschritte in der Physio, durch Besuche, durch die Blumen im Zimmer - schon Peter Gabriel und Kate Bush sagten in den 80ern "Don't Give Up!" Doch kaum fühlt man sich richtig zu Hause, wollen die einen bereits wieder loswerden: Am 2. Mai gings weiter für drei Wochen in die Reha nach Valens (SG)... hier ist die Fortsetzung der Story!
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